Nach 60 Minuten Spielzeit stand der Sieg für die HSG fest. - Foto: privatOberligamanschaft der HSG gewinnt Derby gegen die HSG Worms

Der Jubel nach der Schlusssirene war groß. Und er war berechtigt. Immerhin hatten die Handballer der HSG Rhein-Nahe Bingen zum ersten Mal in der Oberliga RPS den rheinhessischen Rivalen HSG Worms geschlagen, der sich nach seinem Aufstieg im Vorjahr direkt zu einem Spitzenteam der Liga gemausert hatte.

Die beim 23:22 (9:8)-Heimsieg erbrachte Leistung war aber nur in Teilen bejubelnswert. Denn auf beiden Seiten wechselten sich starke Szenen und schön herausgespielte Tore mit Anfängerfehlern und krassen Nachlässigkeiten ab. „Immerhin haben bei uns heute die guten Aktionen überwogen, deshalb haben wir gewonnen. Wir hatten den Tick mehr an Power und Willen“, kommentierte Bingens Trainer Konrad Bansa gelassen und positiv gestimmt den Erfolg. Weit weniger gut gelaunt war sein Gegenüber Gerd Zimmermann, der noch Minuten nach dem Spielende fassungslos auf der Bank saß und zunächst gar keine Worte fand. „Mit so einer Einstellung gewinnt man gar nichts. In der Oberliga musst du immer 100 Prozent geben. Und wer am Ende ein Tor mehr hat, hat auch verdient gewonnen“, wollte er die Binger nicht zum glücklichen Sieger erklären, der sie waren. Denn im Prinzip wäre nach diesem engen Kampf wohl ein Unentschieden das gerechte Ergebnis gewesen.

Das entscheidende Tor machten die Gastgeber 23 Sekunden vor dem Ende, als sie nach einer Auszeit noch genau drei Pässe bis zum Zeitspiel-Pfiff der Schiedsrichter hatten. Auf engem Raum brachten sie Tim Ganz auf Rechtsaußen zum Abschluss, der den Ball eiskalt im langen Eck versenkte. „So ein Tor darf in der Situation einfach nicht mehr fallen. Insgesamt hat es bei 23 Gegentoren aber nicht an der Abwehr gelegen. Wir haben vorne zu viele freie Chancen vergeben“, meinte Zimmermann, der auch die Anzahl der einfachen Fehler bemängelte. Gleiches könnte aber auch Bansa anführen, dessen Spieler mehrfach frei vom Kreis vergaben und noch öfter einem Wormser den Ball gerade in die Hand passten. So entwickelte sich vor allem in der ersten Halbzeit ein Spiel auf mittelmäßigem Niveau, in dem die Gäste den besseren Start erwischten. Nach einem 1:4-Rückstand arbeiteten sich die Binger aber mit einer verbesserten Einstellung und mehr Aggressivität in der Abwehr langsam in die Partie. Unterstützung bekamen sie dabei von Torwart David Gallas, der schon früh für Karim Ketelaer zwischen die Pfosten rückte und mit einer Reihe sehenswerter Paraden den Wormsern Probleme bereitete. „Er ist eigentlich nur reingekommen, weil Karim der Schnürsenkel gerissen ist. Aber dann hat er super gehalten. In der Schlussphase habe ich Karim wieder gebracht, weil er noch frisch war und ich noch mal einen Akzent setzen wollte“, erklärte Bansa sein Wechselspiel zwischen den Pfosten, das entscheidenden Einfluss auf den Spielverlauf hatte.

Die Gäste brachten sich durch dumme Fehler in manchen Situationen aber auch selbst in die Bredouille, sodass die Heimmannschaft ihren Rückstand langsam wegknausern konnte. Ausgerechnet ihre erste Unterzahl nutzen sie dann sogar zur ersten Führung: Zunächst griff Kai Diehl in der Defensive einen Ball ab und verwandelte den Gegenstoß zum 8:8-Ausgleich (25.). Danach parierte Gallas in Silvio-Heinevetter-Manier gegen Denis Markert, sodass Tim Kunz im Gegenzug mit einem Stemmwurf das 9:8 markieren konnte. Diehl hätte sogar noch das 10:8 nachlegen können, schoss aber seine zweite Gegenstoß-Fahrkarte an die Latte. So ging es nach 30 umkämpften, aber wenig anschaulichen Minuten mit einem Tor Vorsprung für die Gastgeber in die Pause.

Nach dem Wiederbeginn legte Maximilian Grethen das 10:8 nach, ging kurz darauf aber auch schon zum zweiten Mal für zwei Minuten vom Feld. Doch Gallas schien sich langsam in den Köpfen der Wormser festzusetzen und vereitelte mit seinen Paraden weitere freie Chancen. So nutzten die Binger ihre erste Überzahl zum 14:11 (40.). Vier Minuten später glich Lucas Gerdon aber schon wieder zum 14:14 aus, was zusätzlich mit der zweiten Zeitstrafe in Folge für die Binger bestraft wurde. Die Gäste nutzten das, gingen durch Fabian Markert wieder in Führung und legten per Gegenstoß gleich noch das 17:15 nach. Doch die turbulente und spannende Partie sollte sich noch ein weiteres Mal drehen. Umrahmt von weiteren Fehlpässen und vergebenen Großchancen glichen die Binger zum 19:19 aus und gerieten auch wieder mit 19:21 in Rückstand. Doch die Wormser schienen einfach nicht gewinnen zu wollen. Kreisläufer Martin Schieke glich mit seinem einzigen Tor dreieinhalb Minuten vor dem Ende zum 21:21 aus, woraufhin die Gäste in Überzahl und trotzdem in Rückstand gerieten. Den kuriosen letzten Ausgleich markierte Fabian Markert. Zuvor hatte Bingens Marcel Trierweiler nach einem Wormser Pfostenschuss im Hechtsprung den Ball erobert, um ihn dann im Boden sitzend Markert in die Arme zu spielen. Aber es sollte zum guten Ende für die Gastgeber reichen, die fröhlich feierten und in der Tabelle weiter ihren siebten Platz behaupteten. Bansa freute sich mit: „Insgesamt war es doch ein unterhaltsames Oberliga-Spiel. Phasenweise haben wir in der Abwehr sehr gut gespielt, und unsere Fehler haben wir gut weggesteckt. Die Mentalität hat gestimmt.“

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HSG Rhein-Nahe: Ketelaer, Gallas - M. Grethen (3), N. Eichholtz (4), Trierweiler, K. Diehl (1), Schieke (1), Michel (1), Kunz (3), Ganz (6/3), Sieben (1), Friedemann (3).

Quelle: Dirk Waidner - Foto: privat