Rustikale Abwehrarbeit Bingens Strahinja Vucetic (rechts) versucht, den Saulheimer Christoph Kreisel beim Wurf zu stören. HSG-Kreisläufer Martin Schieke beobachtet die Szene. - Foto: Axel SchmitzDerby-Niederlage in Saulheim

Die Sache mit der Lotterie hatte das Unparteiischen-Gespann irgendwie falsch verstanden. Am Rande des Oberliga-Derbys gegen die HSG Rhein-Nahe Bingen wurden in der Saulheimer Sporthalle Tickets für ein Bundesliga-Handballspiel verlost.Die Schiedsrichter schienen ihrerseits bei so mancher Entscheidung in die gedankliche Lostrommel zu greifen. So wurde aus einem lange Zeit betulichen Rheinhessen-Duell am Ende eine hitzige Angelegenheit.

Der heimischen SG gelang es, cool zu bleiben, was den 22:21 (10:12)-Sieg maßgeblich begünstigte. „Die cleverere Mannschaft hat gewonnen“, gab HSG-Coach Konrad Bansa unumwunden zu. „Wir haben uns ablenken lassen und nicht mehr auf das Wesentliche konzentriert“, ärgerte sich Bingens Martin Schieke.

Sechs Zwei-Minuten-Strafen kassierten die Gäste in den letzten zehn Minuten, nur zwei die Saulheimer, die dafür mit vier Siebenmetern – drei davon verwandelt – die entscheidenden Treffer zum Sieg erzielten. Es wurde hitzig und wild. „Ich wäre zwei-, dreimal fast aufs Feld gelaufen“, umschrieb SG-Rotsünder Christoph Kreisel die emotionale Schlussphase, die er von der Tribüne aus erlebte. Bansa sprach zwar von „ein paar tendenziösen Entscheidungen“, sieht aber auch eigene Dummheiten. Den Ball nicht liegen lassen, einen sichtlich ratlosen Saulheimer bei schon lange gehobenen Schiri-Armen siebenmeterreif foulen, ein Schubser beim Wurf aus eigentlich aussichtsloser Position – drei Beispiele für Zeitstrafen, mit denen sich die Binger selbst um den Sieg brachten. „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen“, sah der HSG-Trainer in der entscheidenden Phase auch manch überhasteten Abschluss und leichten Ballverlust als Grund für die Pleite an.

Zwischen der 15. und 36. Minute lag die HSG nie hinten, nach dem 16:16 in Minute 43 fing sie binnen elf Minuten kein einziges Gegentor, machte selbst zwei Siebenmeter rein – und legte doch mit dem Beginn des Zeitstrafenirrsinns den Grundstein für die Derbyniederlage. „Wir haben gekämpft, in den letzten zehn Minuten hat aber die Kraft gefehlt“, fasste Strahinja Vucetic zusammen, „und der Gegner hatte mehr Glück.“ „Man darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und muss sich mit dem Spiel beschäftigen, nicht mit den Schiris“, sagte Schieke.

„Im Hinspiel haben wir unglücklich noch den Ausgleich bekommen“, erinnerte SG-Coach Rainer Sommer an das Unentschieden in Bingen. Da nimmt man den von mancherlei Durcheinander begünstigten Sieg gerne mit. Jeweils nur drei Reservespieler hatten die Teams dabei, die Saulheimer schleppten sich sichtlich gerädert über die Ziellinie. „Wir haben schon besser gespielt. Die Partie war zäh und anstrengend“, fasste Sommer zusammen, „ich wusste manchmal nicht, was da auf dem Platz los war.“ Das weiß man beim Griff in die Lostrommel ja auch nicht.

HSG Rhein-Nahe Bingen: Ketelaer, Weißbrod – Michel (2), Vucetic (4), Corazolla (8), Teschner (1), Schieke (1), Diehl (5/4), Trierweiler, Eichholtz, Baucke.

Quelle: Torben Schröder, Allgemeine Zeitung Bingen - 12.03.2018